Eingemeindung
Am 29 Oktober 1887 wurde der Eingemeindungsvertrag zwischen der Stadt Köln und der Landgemeinde Poll geschlossen, der dann am 1. April 1888 wirksam wurde.
29 October 1887 gethätigt
Vertrag.
Zwischen der Stadt Köln, vertreten durch ihren Oberbürgermeister Becker und der Landgemeinde Poll, vertreten durch ihren Bürgermeister Thumb, wird hiermit unter Zustimmung der Stadtverordneten-Versammlung von Köln und des Gemeinderathes von Poll, nach Anhörung der Bürgermeisterei-Versammlung der Landbürgermeisterei Kalk und der Gemeindeversammlungen von Poll und Vingst sowie unter Vorbehalt Allerhöchster Genehmigung nachstehender Vertrag geschlossen:
§ 1.
Die Gemeinde Poll scheidet
und
[Seite 2] aus dem bisherigen Bürgermeistereiverband aus und treten die beiden Gemeinden Köln und Poll zu einer einzigen, unter einer Verwaltung stehenden Stadtgemeinde Köln zusammen. Es werden mithin alle Einwohner des erweiterten Stadtbezirks, soweit in den nachstehenden Paragraphen nicht etwas Abweichendes bestimmt ist, hinsichtlich aller Rechte und Pflichten, welche mit der Gemeindeangehörigkeit verknüpft sind, sowie rücksichtlich der Benutzung der beiderseitigen Gemeindeanstalten einander gleichgestellt. In Folge der Vereinigung erlangen die Einwohner der Gemeinde Poll die städtischen Rechte.
§ 2
Das sämtliche Vermögen beider Gemeinden wird bei der kommunalen Vereinigung im Aktiven und Passiven zu einem einzigen Ganzen verschmolzen. Die erweiterte
Stadt
[Seite 3] Stadtgemeinde tritt somit in alle privatrechtlichen Befugnisse und Verbindlichkeiten der Gemeinde Poll als deren Rechtsnachfolger ein.
Hierdurch werden jedoch die besonderen Bestimmungen von Stiftungen nicht berührt.
§ 3.
Mit dem Tage der Vereinigung übernimmt die Stadtverwaltung von Köln die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten in der Gemeinde Poll, sowie die dem Gemeindevorstand daselbst zugewiesenen staatlichen Obliegenheiten. Vorausgesetzt ist hierbei, daß mit der Vereinigung die Polizeiverwaltung in Poll in demselben Umfange, wie dies in Köln der Fall ist, auf den Staat übergeht. Die Stadtverwaltung von Köln tritt in alle diejenigen Rechte und Pflichten ein, welche nach Gesetz oder auf Grund be-
sonderer
[Seite 4] sonderer Rechtstitel der Gemeindeverwaltung von Poll zustehen bezw. obliegen.
§ 4
Die in Köln bestehende Einrichtung des Gemeindewesens, sowie die daselbst geltenden Ortsstatuten, Reglements und Gemeindebeschlüsse, insbesondere die Bestimmungen über Wahlcensus, erhalten in dem Poller Bezirk Wirksamkeit, soweit nachstehend nicht etwas Abweichendes bestimmt wird. Der Oberbürgermeister von Köln wird die zum Zwecke der Einführung erforderlichen Anordnungen treffen und verlieren mit dieser Einführung die entsprechenden, jetzt in Poll geltenden Bestimmungen ihre Kraft. Ausgenommen von der sofortigen Einführung bleiben die Kölner Vorschriften über die Baupolizei, sowie über die Einrichtung des Beerdigungs-, Armen-, Feuer-
lösch
[Seite 5] lösch- und Einquartierungswesens. Es wird somit vorläufig in diesen Verwaltungszweigen die bisherige Einrichtung beibehalten; die Vorsitzenden der betreffenden Commissionen werden jedoch durch den Oberbürgermeister von Köln ernannt.
§ 5.
Der Bezirk Poll wählt keinen besonderen Vertreter, vielmehr werden die Stadtverordneten der erweiterten Stadtgemeinde von den nach Maaßgabe der Kölner Bestimmungen wahlberechtigten Einwohnern von Poll und den Kölner Wählern zusammen gewählt.
Diese Stadtverordneten haben somit das Interesse des Bezirks Poll mitzuvertreten
§ 6.
Der Bürgermeister, der Gemeindesekretair und der Kommunalempfänger der Landbürgermeisterei Kalk werden von der Stadt Köln
nicht
[Seite 6] nicht übernommen, dagegen tritt die Stadtgemeinde Köln diesen Beamten gegenüber insofern in die Verbindlichkeiten der Gemeinde Poll ein, als für einen jährlichen, nach Maaßgabe der diesjährigen direkten Staatssteuern von Poll und Vingst berechneten Beitrag zu dem jetzigen Diensteinkommen des Bürgermeisters und des Sekretairs so lange zahlt, als dieselben sich in ihrem jetzigen Amte befinden, ohne daß dieselben jedoch zu Gegenleistungen der Stadt Köln gegenüber verpflichtet sind. Bei eintretender Pensionierung der genannten beiden Beamten werden die angegebenen Beträge einer entsprechenden Reduktion unterzogen und soll für die Vertheilung der Pension das jetzige Beitragsverhältniß der Gemeinden Poll und Vingst als Maaßstab dienen.
Mit dem Kommunalempfänger wird ein besonderes Abkommen ge-
troffen
Seite 7 troffen
Die übrigen zur Zeit der Vereinigung im Dienste der Gemeinde Poll stehenden Beamten, soweit sie nicht bei Übernahme der Polizeiverwaltung vom Staate mit übernommen werden, sowie die dortigen Lehrer gehen von diesem Zeitpunkte ab mit dem Gehalte bezw. Pensionsanspruche, sowie zu den Anstellungsbedingungen, welche sie zur Zeit der kommunalen Vereinigung haben, in den Dienst der Stadt Köln über. Ob, wann und unter welchen Bedingungen auf die genannten Beamten und Lehrer die Kölner Gehaltsregulativa Anwendung finden, bleibt späterer Regelung überlassen.
§ 7.
Die Stadt Köln übernimmt ferner die Verpflichtung, an die Stadt Kalk so lange jährlich 69,47 Mk. zu zahlen, als der jetzige Miethvertrag über das Bürgermeistereibüreau läuft, ohne daß ihr das Mitbenutz-
ungs
[Seite 8] ungsrecht zusteht.
§ 8.
Wegen der großen Ungleichheit der Kommunalsteuersätze in den zu vereinigenden Gemeinden, sowie mit Rücksicht darauf, daß die beiden unteren Stufen der Klassensteuer in Köln zu Gemeindeabgaben nicht herangezogen sind, außerdem als Aequivalent für die Erlangung der Theilnahme- und Benutzungsrechte an den mannigfachen Kölner Wohlthätigkeits- und sonstigen Anstalten gewährt die Gemeinde Poll der Stadt Köln das Recht, in dem Bezirke Poll die Gemeindesteuer in der Höhe und in dem Umfange, wie sie für das Etatsjahr 1887/88 festgestellt sind, nämlich 255 Prozent auf sämmtliche Steuern für eine Uebergangszeit von drei Jahren, vom Tage der Vereinigung ab, fortzuerheben. Es bleiben somit in dem Poller Bezirk sowohl die beiden unteren
Stufen
[Seite 9] Stufen der Klassensteuer, als auch diejenigen Kölner Bürger, welche in Poll gemeindesteuerpflichtig sind, zur Zahlung der obigen Zuschläge verpflichtet. Dagegen soll, wenn die erweiterte Stadtgemeinde Köln durch Veränderung der Gesetzgebung entlastet werden sollte, dieser Vortheil den Einwohnern des Poller Bezirks entsprechend zu Gute kommen.
Nach der Uebergangszeit von 3 Jahren tritt in dem Bezirk von Poll dieselbe Kommunalbesteuerung ein, wie sie dann in Köln sein wird.
§ 9.
Die in Poll bestehende Schulgeldfreiheit, sowie der bisherige Satz der Hundesteuer werden einstweilen beibehalten und dürfen für die in § 8 bezeichnete Zeit nicht aufgehoben bezw. erhöht werden. Die Abgaben von öffentlichen Lustbarkeiten werden bis zur spä-
teren
[Seite 10] teren ortsstatutarischen Regelung beibehalten, während für die Zukunft, mit dem Tage der Vereinigung, die Schulgeldzuschläge der Poller Schüler der stadtkölnischen höheren Bildungsanstalten in Wegfall kommen
§ 10.
Die Stadt Köln wird der Verbesserung der Wege in dem Poller Gebiete ihre angelegentliche Fürsorge widmen und insbesondere baldmöglichst mit einem Kostenaufwand von circa 500 Mk. den Ausbau des sog. Kirchweges in Angriff nehmen
§ 11.
Die Stadt Köln wird möglichst bald in der Ortschaft Poll öffentliche Beleuchtung einführen.
§ 12.
Die Gemeindeverwaltung von Poll ertheilt die Zusicherung, daß sie sich vor der Vereinigung aller Maaßnahmen enthalten
wird
[Seite 11] wird, welche der Finanzlage der Stadt Köln Nachtheil bereiten oder die Verhältnisse, auf Grund deren vorstehende vertragsmäßige Abmachungen getroffen sind, verändern könnten
§ 13
Die Vereinigung der beiden Gemeinden Köln und Poll soll am 1. April 1888 eintreten.
§ 14.
Vorstehender Vertrag wird mit dem ausdrücklichen Vorbehalt geschlossen, daß seine Bestimmungen nur dann wirksam werden sollen, wenn auch der Stadtbezirk Deutz eingemeindet wird.
[Rechtschreibung und Zeichensetzung original widergegeben]
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